Damit ich das nie vergesse!
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht,
so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle
Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte
die Liebe nicht, so wäre ich nichts.
Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und
hätte die Liebe nicht, so wäre mir es nichts nütze.
Die Liebe ist langmutig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe
treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht
ungehörig, sie sucht nicht das ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet
das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut
sich aber an der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles,
sie duldet alles.
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Du
kannst alles haben
Es geht das Gerüchte um, in einem orientalischen
Bazar sei alles zu finden, was es nur zu haben gebe. So sind es auch immer viele
Kauffreudige, Neugierige und Enttäuschte, die in all der bunten Farbenpracht und
der Vielfalt der Gerüche nach dem Suchen, was ihr Leben schöner oder doch
zumindest einfacher macht.
Einer dieser Sucher - vielleicht war es auch nur
ein Müßiggänger - kam schließlich in einen gar wunderbaren Laden. Er lag etwas
versteckt, dicke Tücher bedeckten den Eingang und im Inneren gab es nur
schummriges Licht. Eigenartig war die Stimmung und eigenartig war auch der
Händler, der inmitten seiner Waren saß. Er trug ein lichtweißes Hemd und hätte
es der Besucher nicht besser gewusst, hätte er schwören können, darunter zwei
paar Flügel gesehen zu haben.
Der ganze Raum war bis unter die Decke voll mit
Körben, Kisten und Tüten gepackt. Doch im Dämmerlicht war nicht zu sehen, was
sie verbargen.
”Was verkaufen Sie hier?“
fragte der Besucher und bekam flugs die Antwort:
”Was immer Sie sich wünschen,
das alles können Sie haben. Das, wonach Sie sich sehnen, was Sie glücklich
machen kann, was Sie schon nicht mehr zu hoffen wagten, das alles biete ich an.“
Zwar wunderte sich der Besucher, doch wollte er die
Gelegenheit nicht verpassen, sich alles das zu wünschen, was ihm schon lange auf
dem Herzen lag - bevor der seltsame Händler es sich womöglich wieder anders
überlegte.
”Wenn das so ist, dann möchte ich, dass es überall
Frieden gibt, so dass kein Blut mehr irgendwo fließt. Und auch die Gaben der
Erde, sollen gerecht verteilt werden. Ich wünsche den Menschen Verstand in die
Köpfe, und ein Herz voller Gaben für die Schwachen der Welt. Eltern sollen
wieder mit ihren Kindern spielen und auch die Tiere sollen auf Wiesen und nicht
in Schlachthöfen stehen...“,
sprudelte es aus ihm heraus und er holte tief Luft, um mit seinen Wünschen
fortzufahren.
”Einen kleinen
Moment!“, sprach da
der Händler mit feinem Lächeln.
”Ich glaube Sie haben mich falsch verstanden. Mir scheint, Sie wollen bei mir
Früchte kaufen. Nun, ich verkaufe keine Früchte, aber die Samen, die erhalten
Sie hier!“.
***
Alles ist vergänglich
und unbeständig
Die Geschichte von Gotami und dem
Senfkorn
Zur Zeit des Buddha lebte eine junge Frau, Namens Gotami, ihr einziges Kind
starb als es ein Jahr alt war. Von Trauer überwältigt, den kleinen Körper fest
umklammernd, irrte sie durch die Strassen und flehte jeden um Hilfe an. Alle
Menschen die sie auf der Strasse traf fragte sie, “Wisst ihr eine Medizin, die
meinem Kind das Leben wiedergeben kann?” Einige ignorierten sie, andere lachten
sie aus, wieder andere hielten sie für verrückt.
Schließlich traf sie einen alten weisen Mann, der ihr den Rat gab, sie solle zum
Buddha gehen, das sei der einzige Mensch der ihr vielleicht, helfen könnte. Also
ging sie zum Buddha, legte ihm den Körper ihres Kindes zu Füssen und erzählte
ihm ihre Geschichte.
Der Buddha hörte sie mit unendlichem Mitgefühl an und sagte ihr sanft:
“Es gibt nur ein Mittel gegen dein Leiden geh hinunter in die Stadt und bring
mir ein Senfkorn mit, aus einem Haus, in dem noch nie jemand gestorben ist.”
Gotami war erleichtert und machte sich sofort auf in die Stadt.
Beim ersten Haus, klopfte sie an und fragte: “Habt ihr Senfkörner? Dabei muss
man wissen dass im alten Indien jedes Haus Genug Senfkörner hatte. “Natürlich
haben wir Senfkörner, war die Antwort, Gotami war schon glücklich über die
Antwort, da fragte sie doch noch, “ist in diesem Haus schon einmal jemand
Gestorben.” ” Ja letztes Jahr der Großvater”.
Und Gotami ging zum nächsten Haus und fragte, “der Buddha schickt mich, ich soll
ihm ein Senfkorn bringen, aus einem Haus indem noch nie jemand gestorben sei;”
“In diesem Haus sind schon viele Menschen gestorben”, bekam sie zur Antwort. So
ging sie zum nächsten Haus und stellte die gleiche Frage “In unserer Familie hat
es zahllose Todesfälle gegeben”, sagte man ihr. Und so war es auch im dritten
und vierten Haus, bis sie in der ganzen Stadt gefragt hatte und erkannte, dass
der Auftrag des Buddha nicht zu erfüllen war.
Da brachte sie den Körper ihres Kindes zum Verbrennungsplatz und nahm endlich
Abschied von ihrem Kind und kehrte zum Buddha zurück. “Hast du den Senfsamen?”
fragte er sie.
“Nein”, antwortete sie. “Ich fange an zu verstehen, was Ihr mich lehren wolltet.
Trauer hat mich geblendet und mich glauben gemacht, nur ich allein hätte unter
dem Zugriff des Todes zu leiden.” “Warum bist du zurückgekehrt?” fragte der
Buddha. Und sie erwiderte “Um Euch zu bitten, mich die Wahrheit zu lehren – über
den Tod und was jenseits des Todes liegt, und ob es in mir etwas gibt, das nicht
stirbt.”
Der Buddha begann sie zu unterrichten: “Wenn du die Wahrheit von Leben und Tod
verstehen willst, musst du ohne Unterlass über folgendes nachdenken:
“Nur ein Gesetz im Universum ändert sich niemals!
“Alle Dinge wandeln sich und nichts ist dauerhaft.
Alles ist vergänglich und unbeständig.
Es gibt nur einen Weg, der aus dem unaufhörlichen Kreislauf von Geburt und Tod
hinausführt, den Pfad der Befreiung. Da der Schmerz dich jetzt bereit gemacht
hat zu lernen, und sich dein Herz der Wahrheit zu öffnen beginnt, werde ich ihn
dir zeigen.”
Wenn wir diese Geschichte lesen wird uns wieder bewusst, dass wir nur Reisende
sind, die kurze Zeit hier leben und irgend wann müssen wir wieder weiter.
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